Die preisgekrönte Schriftstellerin Nora Bossong war Metropolenschreiberin Ruhr der Broststiftung und hat in diesem Rahmen für ihren ersten Theatertext recherchiert. Mit Grabeland arbeitet sie ein Stück kritische Heimatgeschichte auf. Intendantin und Regisseurin Kathrin Mädler wird die Uraufführung in einer Bühnenwelt von Ausstattungsleiterin Franziska Isensee inszenieren.
Seide ist elegant, leicht, schimmernd.
Seide ist stark – ein Tau aus diesem Material kann größere Gewichte tragen als ein Metallkabel von gleicher Stärke.
Seide steht für Disziplin, Patriotismus und Kriegserfolg.
Gelsenkirchen, 1936. Schorsch und Gustav, Kohlekumpel, haben einen Seidenraupenzüchterverein. Im Aufschwungsjahr soll die Seidenraupenzucht finanziell durch die NS-Stadtverwaltung gefördert werden, um Deutschland bei der Erzeugung von Seide autark zu machen. Die Stadt pflanzt unzählige Maulbeerbäume – und auf Grabeland wird eine Großzuchtanlage für 500.000 Seidenraupen errichtet. Schorsch und Gustav wittern ihre Chance, der schweren Arbeit untertage und den ärmlichen Verhältnissen zu entfliehen. Nur Lotte, Schorschs Ehefrau, beschleicht dabei ein ungutes Gefühl, doch ihre Einwände gehen in der vielen Arbeit und den mitreißenden Aufmärschen mit Hitlergruß unter. Deutschland stehen wohlhabende Zeiten unter dem Führer bevor!
Als sich wenige Jahre später der Zweite Weltkrieg anbahnt, wird das Ruhrgebiet zur „Waffenkammer des Reichs“. Auch die Raupenzucht wird vom Reichskriegsministerium weiterhin gefördert, denn die wertvollen Fäden werden unter anderem zur Herstellung von Fallschirmen benötigt. Die Seidenraupenzucht erweist sich in den Kriegsjahren als noch lukrativer als erhofft.
Obwohl sich mit der Entwicklung des Krieges die allumfassende Zerstörung und die NS-Vernichtungsideologie nicht mehr leugnen lassen, profitieren Gustav, Schorsch und Lotte weiterhin vom Kriegsgeschehen – das Ehepaar zieht sogar in ein größeres Haus, das vormals einer jüdischen Familie gehörte. Doch welchen Preis werden sie für die wirtschaftliche Bereicherung am Ende zahlen müssen?
Die preisgekrönte Schriftstellerin Nora Bossong hat bereits 2012 mit Gesellschaft mit beschränkter Haftung einen Ruhrgebietsroman vorgelegt, in welchem sie sich an einer Essener Industriellenfamilie abarbeitet. Im Jahr 2023 war sie Metropolenschreiberin Ruhr der Broststiftung und hat in diesem Rahmen für ihren ersten Theatertext recherchiert. Mit Grabeland arbeitet sie ein Stück kritische Heimatgeschichte auf. Intendantin und Regisseurin Kathrin Mädler wird die Uraufführung in einer Bühnenwelt von Ausstattungsleiterin Franziska Isensee inszenieren.
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