Folgen Sie uns auf Facebook
Folgen Sie uns auf Instagram
ENZur englischen Website wechseln

Ein Beitrag von Maren Behrendt

„The people of…“: Ein Audiospaziergang durch Recklinghausen Süd

Die Kopfhörer in den Ohren und den Play-Button gedrückt, schlendere ich über die Bochumer Straße. Naja, fast. Eher hetze ich. Denn eigentlich empfinde ich zunächst eins: Stress. Mit einer leichten Abwandlung in Eigenregie ist der Audiospaziergang „The people of … Recklinghausen Süd“ im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen dennoch ein bereicherndes Erlebnis.

Bochumer Straße als Bühne

Die Bochumer Straße ist ein Dreh- und Angelpunkt in Recklinghausen Süd. Stark befahrene Straßen, Verkehrslinien des ÖPNV, Geschäfte, Imbissbuden – all das findet sich hier wieder. Das sieht man nicht nur, das hört man auch. Klingt nach keiner guten Wahl für einen Spaziergang. Oder doch?

Die Ruhrfestspiele Recklinghausen geben mit ihrem Programmpunkt „The people of … Recklinghausen Süd. Ein Audiospaziergang.“ Antwort darauf. Fernab der üblichen Spielstätten wird die Bochumer Straße zur Bühne dieses Audiospaziergangs. Wer sich ein Wiedergabegerät ausleiht oder sein eigenes Smartphone nutzt, kann Wald gegen Hauptstraße eintauschen und bei einem Spaziergang Geschichten von Menschen lauschen, die auf der Bochumer Straße arbeiten oder gar zu Hause sind.

Hier treffen Bochumer Straße und Theodor-Körner-Straße aufeinander – ebenso zahlreiche Fahrzeuge, Radfahrer*innen und Fußgänger*innen. 

10 Stationen – 10 people of … Recklinghausen Süd

Auf meinem Spaziergang folge ich einer vorgegebenen Strecke über die Bochumer Straße – das sind ungefähr 1000 Meter. Ich erlebe dabei das zentralste Stück der Hauptstraße und lerne über die Tonspur verschiedenste Menschen kennen. Da wären beispielsweise der Inhaber eines Fitnessstudios, die Friseurin oder der Verkäufer am Marktstand. Zwischendurch treffe ich – zumindest in meiner Audiodatei – auch mehrmals auf den Postboten.

Sie alle erzählen aus ihrem Leben: Was verbinden sie mit der Bochumer Straße? Wie verbringen sie ihren Alltag? Welche Träume haben sie für ihre Zukunft? An der ein oder anderen Stelle ergibt sich auf dem Audiospaziergang neben einer Art Schaufensterbummel auch die Möglichkeit für ein nettes Gespräch – so der Plan.


Meinen Spaziergang starte ich an Britts Bücherforum an der Bochumer Straße 137 – und damit auch die Wiedergabe der Audiodatei. 

Wohlgesinnte Erwartung trifft auf stressige Realität

Die Idee dieses Audiospaziergangs fand ich von Anfang an gut. Sie bedeutet für mich die Chance auf einen Perspektivwechsel; einen Blick in die Gefühlswelten von Menschen, denen ich in meinem Alltag meist nur vor die Stirn blicke. Diese Erfahrung zu machen, kann wirklich schön sein. Für mich persönlich aber nur mit einem kleinen Zusatz: Ruhe.

Das Treiben auf der Bochumer Straße gepaart mit der zugehörigen Lautstärke steht dem entgegen und löst in mir Stress aus – zum Verweilen vor den Schaufenstern und gemütlichem Lauschen der Audiodatei von über einer Stunde lädt mich dieses Setting nicht ein.

Rast in Eigenregie

Die Komposition zwischen den einzelnen Stationen, die eigentlich für den Fußweg gedacht ist, bildet – so las ich vorab – ein Klangporträt der Bochumer Straße. Übertönt von dem unermüdlichen Klangporträt in Echtzeit habe ich davon allerdings wenig mitbekommen.


Auf ins Getümmel: Einen entspannten Wochenendspaziergang stelle ich mir in der Regel anders vor. 

Was nun? Ich lege einen verlängerten Zwischenstopp auf dem Marktplatz ein, den ich dank des netten Wurstverkäufers in der Audiodatei schon kennengelernt habe. Mit Sonnenstrahlen im Gesicht und einem Snack von einem der zehn „people of“, dem Hähnchenbudenbesitzer, im Gepäck, komme ich dann erst so richtig in den Genuss meines Audiospaziergangs.

Zurück auf der offiziellen Route erreiche ich zuletzt noch einmal meinen Startpunkt, Britts Bücherforum. Wer mag, kann hier noch einen Blick in ein Buch zum Audiospaziergang werfen, welches die Interviews dokumentiert und durch Bilder der zehn „people of“ ergänzt.


Wieder am Ausgangspunkt angekommen werfe ich noch einen Blick in das zum Audiospaziergang gehörende Buch in Britts Bücherforum.

Spaziergangs-Stress mit Mehrwert

Auch wenn ich meinem lärmgeplagten Gemüt abseits der Route eine Pause gönnen musste, hat der Audiospaziergang für mich persönlich funktioniert – nur anders, als ich mir das zuvor ausgemalt hatte. Schon während ich auf dem Marktplatz saß, beobachtete ich das Treiben. Ich ertappte mich bei der Überlegung, welche Geschichte den älteren Herrn zeichnet, der mir gegenüber auf der Bank saß. Und was die Dame wohl noch vorhat, die Richtung Bochumer Straße eilte. Und auch, warum der obdachlose Herr zu meiner Rechten auf den Recklinghäuser Straßen lebt.

In einer Welt, die hier und da zum Nebeneinander statt Miteinander tendiert, ist es erfrischend, sich für das Interesse an und die Empathie für Mitmenschen sensibilisieren zu lassen. Auch wenn die Unterschiede groß sein mögen, haben wir zumindest eines gemeinsam: das Ruhrgebiet.

Noch ein Gedanke

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird mit Kunst häufig etwas Vollkommenes und Schönes assoziiert, das begeistert. Das löste der Audiospaziergang in mir zunächst nicht aus – bis ich von dem vorgesehenen Plan abwich und meinen ganz persönlichen Audiospaziergang fortführte. Manchmal ist Kunst eben auch, was man daraus macht. Sie regt einen Perspektivwechsel an, entfacht Auseinandersetzungen mit der Umwelt und bereichert auf diese Weise. Das wiederum löste der Audiospaziergang in mir aus und macht ihn (mit der richtigen Erwartungshaltung) sehr empfehlenswert.
 


Ruhrfestspiele Recklinghausen 

The People of ... Recklinghausen Süd. Ein Audiospaziergang

„The people of ...“ ist ein Audiospaziergang, komponiert mit und für die Bochumer Straße, einer Straße in Recklinghausen Süd – ein Knotenpunkt des alltäglichen Lebens, ein Ort, an dem Menschen und Realitäten sich kreuzen und zusammenlaufen.

Mehr Informationen und den Link zum Audiospaziergang gibt es hier.


Der Artikel „'The people of…': Ein Audiospaziergang durch Recklinghausen Süd“ wurde von unserer RuhrBühnen-Bloggerin Maren Behrendt verfasst. 

Weitere Artikel, mehr zum Blog, dem Projekt und unseren RuhrBühnen-Blogger*innen gibt es hier.

 

Nach oben

Cookie-Richtlinie

Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle Akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen. 
Datenschutzerklärung | Impressum

Cookie-Richtlinie

Wir verwenden Cookies, um dir ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Durch Klicken auf „Alle Akzeptieren“ stimmst du dem zu. Unter „Ablehnen oder Einstellungen“ kannst du die Einstellungen ändern oder die Verarbeitungen ablehnen. Du kannst die Cookie-Einstellungen jederzeit im Footer erneut aufrufen. 
Datenschutzerklärung | Impressum