Am Ende einer durchfeierten Nacht treffen zwei Geschwister aufeinander, deren enges
Verhältnis in der Kindheit durch ein Drama jäh zerstört worden war. Jetzt, 20 Jahren später,
nach dem Zusammenbruch des Systems, das dieses traumatische Ereignis geschehen
ließ, entwerfen die beiden Erwachsenen mit neuer Empfindungs- und Analysefähigkeit ei-
nen möglichen Handlungsspielraum und damit eine Zukunft.
Die Regisseurin, Choreografin und Philosophin Gisèle Vienne setzt mit dieser neuen Arbeit
ihre ebenso bewegende wie rigorose Dekonstruktion von Wahrnehmungsmustern, gesell-
schaftlich geprägten erzählerischen und psychischen Strukturen fort. Hierfür betreibt sie
gemeinsamen mit den Spieler:innen Katia Petrowick, Adèle Haenel und Theo Livesey die
Archäologie eines einzigen Augenblicks. Sie falten dessen Schichten auseinander, stellen
Vergangenheit, Gegenwart, vorweggenommene Zukunft, Erinnerung, Wunschvorstellung
ebenbürtig nebeneinander und lassen sie ineinandergreifen. Das dichte choreografische
Stück folgt einer feinverästelten Partitur, in dem das Spiel der Darsteller:innen, die Musik
Caterina Barbieris, das Sounddesign von Adrien Michel und das Licht von Yves Godin
gleichberechtigt nebeneinander stehen. Getragen von einer einzigartigen Bühnensprache,
in der sinnliche Erfahrungen Möglichkeitsräume für neue Gedanken und Worte schaffen.