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TOSCA in Dortmund

Leidenschaftlich, ergreifend und absolut tödlich 

Am 15. Oktober durfte ich bei meinem ersten Einsatz als RuhrBühnen-Bloggerin im Opernhaus Dortmund (Theater Dortmund) bei einer Vorstellung von Puccinis Oper TOSCA zu Gast sein und eines vorneweg: Der Funke ist übergesprungen.


Auf geht’s zum ersten „Einsatz“ 

Die wunderbar aufspielenden Philharmoniker, stimmgewaltige Solisten, ein stimmiges Bühnenbild und letztendlich die feinfühlige Inszenierung von Nikolaus Habjan machen Pucchinis großartige Oper zu einem ergreifenden Erlebnis.

Obgleich Musik und Gesang zweifelsfrei im Vordergrund stehen, ist auch die atmosphärisch dichte Handlung einen kurzen Einblick wert: Um ihren Geliebten, den Maler Mario Cavaradossi aus der Willkür des sadistischen Polizeichefs Scarpia zu befreien, nimmt die Opernsängerin Floria Tosca gewaltige Opfer in Kauf. Um der Liebe willen, ist die temperamentvolle, doch gottesfürchtige Primadonna nach hartem Ringen mit sich selbst bereit, Scarpia ihren Körper hinzugeben, um das Leben Marios zu retten. Der Zufall will, dass sie die Chance erhält Scarpia zu töten, während er sich an ihr vergeht. Tosca ergreift diese Chance und ersticht den tyrannischen Mann. Doch die geplante Scheinerschießung Marios misslingt und er stirbt ebenfalls. Nach dem Verlust ihres Liebsten und der Entdeckung ihres Mordes an Scarpia sieht nun auch Tosca keinen anderen Ausweg mehr und erschießt sich selbst.

 
Trotz ihrer scheinbar ausweglosen Situation gibt Tosca nicht auf (Inga Kalna, Noel Bouley)  

Schauplatz des ersten Akts ist eine Kirche, in deren Zentrum Cavaradossi auf einem Gerüst stehend an einem riesigen Magdalenenbild arbeitet. Mehrere Säulen und herumliegende Trümmer erwecken den Eindruck des alten Roms. Auf der rechten Seite der Bühne ist eine Kapelle angedeutet. Chorszenen werden auf einen nahezu unsichtbaren Gaze-Vorhang projiziert. Der zweite Akt wird das Magdalenenbild in ähnlicher Art aufgegriffen, diesmal jedoch Scarpias Gemach im Palazzo Farnese mit einer üppig gedeckten Festtafel im seitlichen Vordergrund. Das Bühnenbild suggeriert eindrucksvoll, welch Macht und Einflussreichtum hier ausgeübt wird und steht gleichzeitig im krassen Gegensatz zu den Gefängniszellen und Folterszenen, die parallel zu den Geschehnissen im oberen Zentrum der Macht auf der Unterbühne gezeigt werden. Auch im dritten und letzten Akt zieht sich das Magdalenenbild als roter Faden durch das Stück. Sowohl Caravadossi, als auch Tosca finden zu Füßen des Bildes ihren Tod.

Besonders gelungen und in hohem Maß für die mitreißende Wirkung der Aufführung verantwortlich ist die feinfühlig angelegte Zeichnung der Charaktere und insbesondere die facettenreiche Ausarbeitung der Titelrolle. Während Scarpia ganz klar und ohne jeden Zweifel den Widersacher und Bösewicht gibt, der seine Macht skrupellos ausnutzt, manipulativ auf die Menschen einwirkt und seine Grausamkeiten auf sadistische Art genießt, lebt Caravadossi sein Leben augenscheinlich hauptsächlich, um sich daran zu erfreuen. In seinem Umgang mit Tosca wirkt er ausgeglichen und begütigend. Dennoch sorgen seine leichtfertige und ein wenig naive Art dafür, dass sich die Schlinge um seinen Hals immer weiter zu zieht. In seiner Not tut er alles, um Haltung zu bewahren. Die vielschichtigste Figur ist zweifelsfrei die der Tosca. Anfangs die klischeehaft eifersüchtige, aufbrausende Diva, offenbart sie in ihren Verhandlungen mit Scarpia greifbare Verzweiflung, aber ebenso Entschlossenheit, Stärke und eine überwältigende Portion Liebe. Mag ihre Hoffnung auf ein neues Leben mit ihrem Mario auch naiv wirken, so trifft sie ihre Entscheidungen doch bis zuletzt selbstständig und unabhängig. 

 
Noch träumen Tosca (hier: Inga Kalna) und ihr Mario von einer gemeinsamen Zukunft

Zur Besetzung der drei Hauptfiguren kann man dem Theater nur gratulieren. James Lee, der zum hauseigenen Ensemble gehört überzeugt von der ersten Arie an auf ganzer Linie. Dem Tenor gelingt es mit eindrucksvoller Leichtigkeit, seiner kraftvollen Stimme genau das richtige Maß Emotion beizumengen. Stimmlich harmoniert Lee ganz wunderbar mit Gabriele Scherer, die an diesem Abend ihr Tosca-Debut in Dortmund gibt. Die gemeinsamen Arien werden zu einem fulminanten Hörvergnügen. Lee erhebt sich ganz klar zum Star des ersten Aktes.

Gabriele Scherer liefert insbesondere im zweiten Akt eine phänomenale Leistung ab. Während sie im Eifersuchtsanfall des ersten Akts noch ein wenig zurückhaltend wirkt, läuft sie in Scarpias Gegenwart zur Höchstform auf. Sowohl in ihren Arien, als auch in ihrem Spiel bricht nun sämtliche Leidenschaft aus ihr hinaus und die Verzweiflung steht ihr schier ins Gesicht geschrieben. Scherer überzeugt mit ihrem substanzvollen Sopran und angenehmen Timbre ebenso wie Lee auf ganzer Linie.

Noel Bouley bewegt sich als Scarpia sowohl gesanglich als auch mimisch zwischen scheinheilig vorgetäuschter Güte und rücksichtsloser Tyrannei. Sein diabolisches Grinsen im zweiten Akt sucht seinesgleichen. Auch mit dem Bariton hat das Opernhaus ins Schwarze getroffen. Neben den Hauptdarstellern stellen auch Nachwuchssänger im Rahmen des Projektes Opernstudio NRW hier ihr Können unter Beweis.

 
Besetzung und Aktive der besuchten Vorstellung

Dankbar sein darf man indes, dass die Dortmunder Philharmoniker trotz der Corona-Vorschriften in voller Besetzung aufspielen dürfen. Motonori Kobayashi holt als musikalischer Leiter wirklich alles aus seinem vielköpfigen Orchester heraus, das Pucchinis ausladender, facettenreicher Musik absolut gerecht wird.

Zwei kleine Wermutströpfchen gibt es dennoch zu beklagen: Zum einen fehlten in der besuchten Vorstellung anfangs für ca. fünfzehn Minuten die Übertitel. Da die Handlung jedoch spätestens seit dem Einführungsvortrag bekannt sein sollte, ließen sich die italienischen Klänge so mit ungeteilter Aufmerksamkeit genießen. Nichtsdestotrotz ist ein gelegentlicher Blick auf die Übertitel doch durchaus hilfreich, zumal Pucchinis Musik mitunter in einem sehr konträren Verhältnis zur Szene steht. Wirklich traurig mutete indes jedoch die mangelnde Auslastung der Zuschauerränge an. Was treibt die Menschen dazu, einer solch durchweg gelungenen Produktion fernzubleiben? 

Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Oper Dortmund mit dieser TOSCA Inszenierung wirklich so ziemlich alles rundweg gelungen ist – anschauen lohnt sich.


Tosca

Oper • bis Februar 2022 • Oper Dortmund
Melodramma in drei Akten von Giacomo Puccini • Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica • nach dem Drama La Tosca (1887) von Victorien Sardou • In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Mehr Informationen zur Oper, Termine und Tickets gibt es hier.


Der Beitrag "TOSCA in Dortmund. Leidenschaftlich, ergreifend und absolut tödlich" ist von unserer RuhrBühnen-Bloggerin Steffi Evers verfasst worden.

Mehr über den Blog, das Projekt und unsere RuhrBühnen-Blogger*innen gibt es hier.

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